Gerade liegt unser Schiff im Winterlager und es ist an der Zeit, unsere Stella Polare wieder fit und sicher für die kommende Segelsaison zu machen. Dazu gehört auch die Wartung der Sicherheitsausrüstung. Nur ein gut gewartetes Schiff ist ein sicheres Schiff und wenn es dann doch zu einer Havarie kommen sollte, muss die Sicherheitsausrüstung verlässlich funktionieren.
Man kann es ja drehen und wenden wie man will, aber sobald man den sicheren Hafen verläßt, segelt auch ein gewisses Risiko mit. Und jeder Segler ist gut beraten, sich die Risiken bewußt zu machen, die er eingeht.
Es gibt natürlich keine Notwendigkeit, segeln zu gehen. Aber es ist ganz klar die schönste Art seine Zeit zu verbringen. Das sehen nicht alle Menschen so und einige bekommen es bei dem Gedanken, auf dem Meer unterwegs zu sein, mit der Angst zu tun. Angst ist ja eine sinnvolle Empfindung, sie soll uns aufmerksam machen und vor Bedrohungen schützen und ist sozusagen unsere Alarmanlage. Aber Angst ist eben auch ein sehr subjektives Gefühl, das an einem Ende an Leichtsinn und am anderen an Phobien grenzt. Wer sich etwa nicht medizinisch behandeln läßt, weil er unter Trypanophobie, also Angst vor Spritzen leidet, begibt sich dadurch erst recht in Gefahr. Es gibt sogar die Phobophobie, also die Angst vor der Angst. Angst spielt zwar beim Segeln sicher auch eine Rolle, ist aber nicht unbedingt der richtige Ratgeber.
Ganz anders verhält es sich mit dem Risiko. Hier wird eine Gefahr in Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens gesetzt. Eine möglichst objektive Risikoanalyse ist daher sehr sinnvoll und gehört zur guten Seemannnschaft einfach dazu. Wir sind nicht völlig ängstlich dem Schicksal ausgeliefert, sondern können an den vielen Schrauben des Risikos drehen.
Auf der einen Seite wirken wir auf die Gefahr selbst ein, indem wir sie möglichst minimieren. Ein sicheres, adäquat und gut gepflegtes Schiff gehört dazu, eine gute Ausbildung, der Motor muss immer gut gepflegt sein, damit er auch anspringt, wenn wir ihn brauchen usw.. Unzählige Bücher sind mit Tipps gefüllt, wie man sich auf See richtig verhält, was nicht weniger bedeutet, als das Risiko zu minimieren.
Auf der anderen Seite kann man an das Risiko klein halten, indem man sich einer Gefahr einfach nicht aussetzt. Man kann bei prognostizierten 8 Bft Wind, aus welchen dann ganz schnell 9 bis 10 Bft werden können, ganz einfach im Hafen bleiben.
Leider kennen wir nicht immer alle Einflussfaktoren und auch der Zufall spielt eine Rolle und so läßt sich das Risiko oft nicht ganz genau bestimmen. Es ist also leichter gesagt als getan, das Risiko richtig einzuschätzen. Denn dazu brauchen wir Können, Wissen, Erfahrung und Informationen. Das erklärt auch mitunter große Abweichungen in der Wahrnehmung ein und desselben Risikos. Für jemanden, der nicht schwimmen kann, stellt das Wasser eine andere Gefahr da, als für einen trainierten Sportschwimmer. Nicht umsonst hat man früher gesagt, dass die besten Matrosen jene wären, die nicht schwimmen können. Sie sind sich nämlich des Risikos, auf See zu ertrinken, immer bewußt.
Aber nicht nur die Einschätzung des Risikos ist wichtig, sondern auch unser Umgang damit. Wir müssen immer selbst entscheiden, egal ob wir risikoscheu oder risikofreudig sind, ob wir mit dem vorhandenen Risiko ein Wagnis eingehen. Aber gerade das macht ja auch das Segeln so spannend und erfüllend.
Das Wort Risiko selbst, das in vielen Sprachen ähnlich klingt, stammt vermutlich vom altitalienischen Wort „risco“, das Klippe bedeutet, ab. Und risicare bedeutet, genau diese Klippe zu umschiffen. Nun könnte man natürlich einwenden, dass man der Gefahr der Klippe am besten aus dem Weg geht, indem man einfach an Land bleibt. Das klingt vernünftig, aber wie heißt es so schön: „no risk, no fun“. Oder: „Ohne Klippe kein Segeln“.