Heute um Zweiundzwanzig Uhr Einundfünfzig ist Sommersonnenwende. Die Sonne steht also für dieses Jahr zu Mittag an ihrem höchsten Punkt — daraus ergibt sich der längste Tag und die kürzeste Nacht. Also später als heute wird die Sonne ab heute bis zur nächsten Sonnenwende in einem Jahr nicht mehr untergehen.
Nun, das ist jetzt nun wirklich keine Sensation und müsste auch nicht besonders erwähnt werden. Die Sommersonnenwende ist ja bei Gott keine Überraschung denn sie findet auf der Nordhalbkugel jedes Jahr am 20., 21. oder 22. Juni statt. Dass die Sonnenwende nicht immer am gleichen Tag stattfindet liegt daran, dass ein Sonnenjahr 365,242 Kalenderjahre dauert, also knapp 6 Stunden länger dauert als das Kalenderjahr. Diese astronomische Schlampigkeit muss also alle vier Jahre damit ausgeglichen werden, dass dem Kalenderjahr ein Tag dazu geschwindelt wird, was bekanntlich im Februar stattfindet. Für Leser die an Sensationen interessiert sind sei vermerkt, dass es seit 200 Jahren, genaugenommen seit 1796 keine so frühe Sommersonnenwende gab.
Natürlich ist für uns die Sonnenwende äußerst erfreulich, denn um dieses Datum herum haben wir unendlich lange Segeletage bei Tageslicht. In der nördlichen Adria ist heute mit einer Tageslichtdauer von über 15 Stunden und 30 Minuten zu rechnen. Und wenn man noch die Zeit der Dämmerung mitnimmt, dann kann man schon sehr viel Segeln aus einem Tag herausholen. Wie schön ist es, wenn man man um 21h, nach einem langen Tag auf See, im Sonnenuntergang in die Marina einlaufen kann. Kein Wunder also, dass die Sommersonnenwende, die auch den Beginn des Sommers markiert, eine mystische Bedeutung hat und und in vielen Kulturen gefeiert wird.
Ja aber wo viel Licht ist, da ist auch viel Schatten und man kann dem längsten Tag des Jahres natürlich auch vorwerfen, dass er zur kürzesten Nacht des Jahres führt. Und dieser Umstand hat dazu geführt, dass eben der längste Tag seit dem Jahr 2000 zum Tag des Schlafes ausgerufen wird. Das Ziel ist, darauf hinzuweisen, dass wir ein großes Schlafproblem haben. Das läßt sich auch mit dem enormen Boom rezeptfreier Schlafmittel belegen. Und natürlich gibt es am Tag des Schlafes auch Tipps für besseren Schlaf: das Schlafzimmer sollte man so dunkel wie möglich halten, außerdem lärmfrei und es sollte eine Temperatur zwischen 18 und 20 Grad haben. Das alles läßt sich, wie ich schon einmal erzählt habe (Schlaflos durch die Nacht) an Bord wohl nicht verwirklichen.
Da der Schlaf an Bord wohl ohnehin nicht an ideale Laborbedingungen herankommt, haben wir ja zum Tag des Schlafes einen Tipp. Wir nützen einfach den längsten Tag des Jahres zum Segeln, fallen dann, nach dem verdienten Sundowner, erschöpft in die Koje, wo es unzureichend dunkel und zu warm ist, der Wind leise pfeift, die Leinen quietschen und die Wellen an die Bordwand schlagen, um uns den Schlaf zu rauben. Aber wir freuen uns einfach, dass recht bald wieder die Sonne aufgeht. Dann können wir uns nämlich schon wieder über den zweitlängsten Tag des Jahres freuen.