ist der beste tag um über das meer nachzudenken

Die neuen Freibeuter

Mit einem Ja zum Tiefseebergbau macht das norwegische Parlament als erste Nation weltweit einen folgenschweren Schritt in Richtung Raubbau an den Ozeanen. Man kann sich die Folgen ausmalen, wenn sich schweres Gerät weit draußen und schwer kontrollierbar über den Meeresboden her macht und Zerstörung hinterlässt.

Unse­re blau­er Pla­net wird von den Ozea­nen domi­niert, sie machen gan­ze 70% der Erd­ober­flä­che aus. Die­se Dimen­sio­nen haben schon immer die Gier von Staa­ten und Macht­ha­bern auf den Plan geru­fen. Wer die Mee­re domi­niert, domi­niert den Welt­han­del, aber sich die Mee­re unter den Nagel zu rei­ßen gelang nie, denn die Ozea­ne sind unkontrollierbar.

Der nie­der­län­di­sche Phi­lo­soph und Rechts­ge­lehr­te Hugo Gro­ti­us (1583–1645), ein Pio­nier des auf­ge­klär­ten Völ­ker­rechts hat daher den schö­nen Begriff des mare liber­um, des frei­en Mee­res geprägt. Er ver­trat die Rechts­mei­nung, dass am Meer nie­mand Eigen­tum begrün­den dür­fe. Da es ohne­hin unmög­lich war auf See irgend­wel­che Macht­an­sprü­che nach­hal­tig zu wah­ren, setz­te sich die Idee des mare liber­um durch. Heu­te gilt das See­rechts­über­ein­kom­men der Ver­ein­ten Natio­nen von 1982. Alles, was nicht zu den staat­li­chen Wirt­schafts­zo­nen gehört, ist frei von der Aus­übung staat­li­cher Hoheits­ge­walt, immer­hin zwei Drit­tel der Ozea­ne. Aber schon zu Gro­ti­us Zei­ten und bis Anfang des 19. Jahr­hun­derts umgin­gen Staa­ten die­se unan­tast­ba­re Frei­heit mit einem juris­ti­schen Win­kel­zug. Sie pri­va­ti­sier­ten ganz ein­fach die Kon­trol­le über die hohe See indem sie Frei­beu­ter, Kape­rer und Kor­sa­re damit beauf­trag­ten, feind­li­che oder kon­ku­rie­ren­de Schif­fe zu kapern, zu plün­dern und zu ver­sen­ken. Die­se Frei­beu­ter wur­den ganz offi­zi­ell mit Kaper­brie­fen, samt Stem­pel und könig­li­cher Unter­schrift, aus­ge­stat­tet um sich so vom gemei­nen Pira­ten zu unter­schei­den. Man plün­der­te immer­hin im Auf­trag von Majestäten.

Mit 2024 hat aber lei­der die Frei­beu­te­rei wie­der eine moder­ne Form bekom­men. Heu­te geht es nicht dar­um, Han­dels­schif­fe auf dem Meer legal aus­zu­beu­ten son­dern die Boden­schät­ze, die unter dem Meer lie­gen. Nor­we­gen ist der ers­te Staat welt­weit, wo sich im Par­la­ment eine Mehr­heit gefun­den hat, die den umstrit­te­nen kom­mer­zi­el­len Abbau von Boden­schät­zen in der Tief­see för­dern will. Die sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Min­der­heits­re­gie­rung hat sich mit den Stim­men der Kon­ser­va­ti­ven und der Rechts­po­pu­lis­ten dar­auf geei­nigt. Das Abbau­ge­biet liegt in der aus­schließ­li­chen Wirt­schafts­zo­ne und Nor­we­gen hat damit das Recht der Bewirt­schaf­tung. Auf einem Gebiet, so groß wie Groß­bri­tan­ni­en sol­len Kup­fer, Zink, Kobalt, Man­gan, Gold und Sil­ber lagern. Die Befür­wor­ter argu­men­tie­ren in bes­ter green­wa­shing Manier, dass die­se Metal­le für Bat­te­rien und daher für die Inves­ti­ti­on in den Kli­ma­schutz benö­tigt wer­den. Eine Stu­die von Green­peace widerspricht.

Nor­we­gen schafft hier einen welt­wei­ten Prä­ze­denz­fall der gro­ße Sor­ge berei­tet. Denn das Tor zur Nut­zung des Tief­see­berg­baus wird damit geöff­net, die Fol­gen für die Mee­re und die Öko­sys­te­me sind aber nicht abseh­bar. Umwelt­schüt­zer und Mee­res­bio­lo­gen sehen die­sen Schritt als hoch­ge­fähr­lich und rech­nen mit dra­ma­ti­schen Aus­wir­kun­gen auf die Mee­re. Dazu kommt, dass es weit drau­ßen am Meer kaum zu kon­trol­lie­ren ist, was pas­siert. Und was ein­mal zer­stört ist, lässt sich nicht mehr rück­gän­gig machen. Damit haben wir ja Erfahrung.

Aber was Nor­we­gen kann, wer­den bald auch ande­re Natio­nen nach­ma­chen. Und das wird sich nicht auf die natio­na­len Wirt­schafts­zo­nen beschrän­ken son­dern bald wird auch die freie Hoch­see dran­kom­men. Die Inter­na­tio­na­le Mee­res­bo­den­be­hör­de hat zwar den Auf­trag,  die Boden­schät­ze der Tief­see als gemein­sa­mes Erbe der Mensch­heit zu ver­wal­ten. Sie ver­hält sich aber erstaun­lich pas­siv und arbei­tet an einem Regel­werk, dass 2025 fer­tig sein soll.

Aber nach­dem jetzt schon ein natio­na­les Par­la­ment den Tief­see­berg­bau lega­li­siert hat, ist damit zu rech­nen, dass Kon­zer­ne, Mana­ger und Aktio­nä­re die neu­en Frei­beu­ter des 21. Jahr­hun­derts werden.

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