Der auffällige Ankerlieger im Golf von Triest ist schon zum vertrauten Anblick geworden. Seit zwei Jahren liegt etwa eine Seemeile vor dem Leuchtturm Faro della Vittoria die Sailing Yacht A vor Anker. So beneidenswert simpel auch der Name der Yacht ist, so luxuriös ist der Rest. A ist nicht nur die größte Segelyacht der Welt sondern Star-Designer Phillipe Stark hat sich alle Mühe gegeben, daß sie spektakulär aussieht. Das sollte für kolportierte 400 Millionen Euro wohl auch zu erwarten sein und wir nehmen an, dass das Interieur nicht minder extravagant ist. Nur gesegelt wird die A leider nicht mehr, denn sie wurde, da russisches Oligarcheneigentum, vom italienischen Staat beschlagnahmt und vor Triest festgesetzt. Nur manchmal wird sie verlegt, wenn sie etwa der Regatta Barcolana im Weg liegt.
Und wenn wir da so ab und zu an der A vorbeisegeln, beginnt immer wieder die gleiche Diskussion, ob diese Yacht jetzt schön, oder häßlich wäre oder wegen des obszönen Luxus, den sie verkörpert, schlichtweg abstoßend. Und von Luxus, im Sinne von etwas, das kostspielig und verschwenderisch ist, den üblichen Rahmen meilenweit übersteigt und nur dem Genuss und Vergnügen dient, kann bei der A durchaus gesprochen werden.
Auf das Phänomen, dass sich der Luxus der Superreichen immer mehr auf das Meer verlegt, geht der französische Soziologe und Politikwissenschaftler Grégory Salle in seinem Essay Superyachten — Luxus und Stille im Kapitalozän ein. Er beschreibt recht bildhaft den Markt der Superyachten und deren Käuferschicht und sieht darin eine Art Eintrittskarte in den Club der lucky few. Superyachten sind für Salle nicht nur ein Symbol von Ungleichheit und exzessiven Reichtums sondern gar ein Schlüssel zum Verständnis des gegenwärtigen Kapitalismus.
Die kritische Auseinandersetzung mit den schwimmenden Palästen und ihren superreichen Eignern taugt durchaus als exemplarische Betrachtung eines etwas aus den Fugen geratenen, globalisierten Kapitalismus. Es wir etwa von verabscheuungswürdigen Luxusemissionen, von einer Lebensweise, die fast buchstäblich jede Verbindung zur gewöhnlichen sozialen Welt abgebrochen hat oder einer maßlosen Vorliebe für Großspurigkeit und Großmannssucht gesprochen. Einen Aspekt, den eine Superyacht allerdings auch verkörpert, ist für Salle der Reiz der Mobilität. Sie verleiht einem die Macht sich über Grenzen hinwegzusetzen.
Die Mobilität und Freiheit, die eine Yacht, eigentlich egal welcher Größe und Extravaganz, verkörpert, ist ein Luxus.
Das Leben auf einem gängigen Fahrtenschiff von etwa 10 bis 16 Meter, und hier zählt wie bei den Großen jeder Meter, würde ich jetzt nicht als luxuriös bezeichnen sondern eher als einfach bis spartanisch und bisweilen sogar als unbequem und herausfordernd und oft genug als anstrengend. Aber eben nur am Meer kann man die Schönheit, Weite, Einsamkeit, Weltabgeschiedenheit, Stille und Freiheit aber auch das Getöse und die Naturgewalt erleben, die dem Meer so eigen sind. Aber um diesen Luxus erleben zu können, muss man eben den sprichwörtlichen sicheren Hafen und den festen Boden unter den Füßen verlassen — egal auf welchem Schiff.
Und um auf die Superyachten zurückzukommen, hier gibt es schon einen neuen Trend. Ein österreichischer Designer hat schon die Pläne für eine Superyacht in der Schublade, die auch tauchen kann. Sollte das Schule machen, müssen wohl auch die KVR ergänzt werden. Denn wie manövriert man richtig, wenn plötzlich vor dem Bug so eine Superyacht auftaucht. Wer dann Vorrang hätte, ist mir jetzt irgendwie schon klar, da werden dann auch gesetzte Segel nicht helfen. Und Vorsicht, schon der kleinste Kratzer an der Superyacht kann in die Millionen gehen.
mar