- Deutscher Titel: Die Höllenfahrt der Poseidon, Poseidon Inferno
- Erscheinungsjahr: USA, 1972
- Länge: 112 Minuten
- Regie: Ronald Neame
- Musik: NinoJohn Williams, Al Kasha, Joel Hirschhorn
- Darsteller: Gene Hackman (Reverend Scott), Ernest Borgnine (Mike Rogo), Red Buttons (James Martin), Carol Lynley (Nonnie Parry), Roddy McDowall (Acres), Stella Stevens: (Linda Rogo), Shelley Winters (Belle Rosen), Jack Albertson (Manny Rosen), Pamela Sue Martin (Susan Shelby) Arthur O’Connell (Chaplain), Eric Shea (Robin Shelby), Fred Sadoff (Mr. Linarcos), Jan Arvan (Dr. Caravello), John Crawford (Chief Engineer Joe), Bob Hastings (M. C.), Leslie Nielsen (Captain Harrison)
In den 1970er Jahren gab es unter den Produktionen der großen Filmstudios Hollywoods eine Flut an Katastrophenfilmen. Erdbeben, Flugzeugabstürze, brennende Hochhäuser oder Haie verbreiteten Schauer, Schrecken und Spannung und SchauspielerInnen kämpften um ihr Überleben. Dass hier auch Schiffsunglücke einen lohnenden Plot abgeben liegt in der Natur der Sache. Die Höllenfahrt der Poseidon war mit eingespielten 125 Millionen Dollar nicht nur der wirtschaftlich erfolgreichste Film des Jahres 1973 sondern trug auch wesentlich zu dem Desasterfilm-Boom bei. Und es lohnt sich durchaus The Poseidon Adventure auch nach 50 Jahren noch im Hafenkino anzuschauen.
Die Geschichte geht auf den 1969 veröffentlichten und bis zur Verfilmung eher erfolglosen Roman The Poseidon Adventure (Schiffbruch / Der Untergang der Poseidon) des amerikanischen Schriftstellers Paul William Gallico zurück. Erzählt wird die letzte Fahrt des Ocean Liners Poseidon von New York nach Athen bevor, dieser ausser Dienst gestellt wird. An Bord befindet sich eine illustre Gesellschaft auf dem Weg nach Europa. Nach einem glücklich überstandenen Sturm, gerät die Poseidon am Silvesterabend, kurz nach Mitternacht in einen gewaltigen Tsunami, der von einem Seebeben vor Kreta ausgelöst wurde, kentert und treibt nun mit dem Kiel nach oben. Die bei der Kenterung teilweise verletzten und gestorbenen Passagiere sind nun im Ballsaal der Poseidon eingeschlossen, wo gerade eben noch eine fröhliche Silvestergala im Gange war. Der Großteil der Passagiere verharrt hier auf Rettung hoffend, kommt aber durch einflutendes Wasser um. Eine Gruppe von 10 Personen macht sich jedoch durch das Labyrinth des am Kopf stehenden Dampfers auf den Weg um über den Motorraum und eine besonders dünne Stelle des Rumpfs bei den Schiffsschrauben in die rettende Freiheit zu kommen. Nach einem Rennen gegen die Zeit und einer dramatischen Suche nach dem Ausweg aus dem Schiff, der sozusagen die entscheidende inhaltliche Ebene das Films ausmacht, gelingt einem Teil der Gruppe die ersehnte Rettung aus dem schwimmenden Sarg. Sie werden die einzigen Überlebenden des Unglücks sein.
Die Vorlage für die Poseidon in dem Film ist das berühmte Passagierschiff RMS Queen Mary. Sie wurde für den Film als Modell nachgebaut und einige Szenen wurden auf der Queen Mary selbst gedreht. Sie war von 1936 bis 1967 vor allem für Atlantikpassagen im Dienst, war als 1972 schon stillgelegt. Heute dient sie als schwimmendes Hotel. 1943 wurde die 310 Meter lange Queen Mary, sie war mit 4 Schrauben und einer 200.000 PS starken Maschine ausgerüstet, vor Schottland von einer Monsterwelle getroffen, geriet in gefährliche Schräglage und kenterte fast. Dieser Vorfall inspirierte Paul Gallico zu seinem Roman. Ausserdem soll es auf dem Schiff Geister, etwa in Form eines jungen Seemanns und eines Geistermädchens geben. Eine durch die Atlantic Paranormal Society 2004 professionell durchgeführte Geistersuche konnte allerdings nichts finden. Im Film selbst sehen wir sehr viel von dem alten, ursprünglich im Art Deco Stil eingerichteten Liner. Die Kabinen, das Brückendeck, der Ballsaal, die alte Technik versetzen uns in eine andere Zeit. Ein schönes Detail ist etwa das Telefon das sich unter dem Tisch des Kapitäns beim Festdinner befindet und über das er auf die Brücke gerufen wird. Und der Chefingenieur bringt es in einer Unterhaltung auf den Punkt: Das ist kein Schiff, das ist ein Hotel mit Bug und Heck. Das Setting war also schon zum Zeitpunkt des Drehs antiquiert.
Das ist aber auch klar, denn die Poseidon ist gerade auf ihrer letzten Fahrt und soll nach der Ankunft in Athen verschrottet werden. In einem Sturm wird dann auch sichtbar, dass es ein große Schwäche gibt. Die Reederei hat angeordnet die Stabilisierungstanks nicht zu fluten um Platz zu sparen und schneller am Ziel zu sein. Hier kommt Profitgier als eine Ursache des Unglücks ins Spiel. Nun werden durchaus humorvoll einige Passagiere vorgestellt, genau die Personen, die sich später gemeinsam auf die Suche nach einem Ausweg machen. Besetzt ist der Film mit der ersten Garde des Hollywoodkinos. Die Charaktere werden zwar dem Genre entsprechend etwas klischeehaft dargestellt vermögen uns aber durchaus in ihre Persönlichkeit hineinzuziehen. Da wäre der charismatische Reverend Scott, ein Geistlicher der wegen unorthodoxen Ansichten nach Afrika versetzt wird. Der aufbrausende Detective Lieutenant Mike Rogo mit seiner Frau Linda, einer ehemaligen Prostituierten. Die verträumte Susan Shelby und ihr jüngerer Bruder Robin, die auf dem Weg sind, um ihre Eltern zu treffen. Belle und Manny Rosen, liebenswürdige pensionierte jüdische Händler, die unterwegs sind zum ersten Mal ihr Urenkelkind zu sehen. Der schüchterne, etwas unbeholfene Kurzwarenhändler James Martin. Die Schiffssängerin Nonnie Parry, die mit ihrer Band, die aussieht als wäre sie gerade aus Woodstock gekommen, gerade den Auftritt für den Silvesterabend probt.
Nach dem Kentern findet sich diese Gruppe, ergänzt durch einen Steward unter Führung von Reverend Scott zusammen um gemeinsam und gegen die Überzeugung der übrigen Überlebenden, über den Maschinenraum aus dem Schiff zu gelangen. Nun beginnt der lange Weg durch das am Kopf stehende, in Trümmern liegende Schiff. Ein etwas überdramatisierter aber durchaus fesselnder und berührender Kampf ums Überleben beginnt. Es geht über zerstörte Schiffsteile, brennende Schächte, enge Rohre und unter Hindernissen, die durchtaucht werden müssen. Hatte der Film bisher eher den Charakter einer seichten amerikanischen Fernsehserie kommt jetzt die Klasse des Films zum Tragen. Hier wird durchaus nachvollziehbar und eindringlich eine Extremsituation, die damit verbunden Ängste und Handlungen und die Verzweiflung dargestellt. Schließlich schaffen es nur sechs aus der Zehnergruppe bis zur Rettung.
Der Film hat zwar einen Oscar für Spezialeffekte bekommen, ist aber meilenweit vom surrealistischen Effektmassaker heutiger Katastrophenfilme entfernt. Die Kamera ist immer sehr nahe an den Menschen dran, es gibt überraschende aber nachvollziehbare Wendungen und das am Kopf stehende Schiff schafft sehr überraschende Perspektiven, in welchen man sich zurechtfinden muss.
The Poseidon Adventure hat seinen Platz in der Filmgeschichte gefunden: “The Poseidon Adventure exemplifies the disaster film done right, going down smoothly with ratcheting tension and a terrific ensemble to give the peril a distressingly human dimension. Metacritic gave the film a score of 70 based on 10 reviews, indicating ”
Das zeigt auch, dass es 1979 eine weniger erfolgreiche Fortsetzung gab und 2006 eine Neuverfilmung unter der Regie vom Hollywood-Großmeister Wolfgang Petersen.