ist der beste tag um über das meer nachzudenken

Das neue Segelkleid

Segeln lernen wäre ja ganz einfach, wenn es da nicht für alles einen eigenen Begriff geben würde.

Kürz­lich hat mich mei­ne Schwes­ter gefragt, ob ich ihr nicht das Segeln bei­brin­gen kann. Sie scheint nun auch end­lich davon über­zeugt zu sein, dass Segeln wohl die ein­zi­ge sinn­vol­le Daseins­form dar­stellt. Sie meint es zumin­dest sehr ernst, denn sie ist vor­sorg­lich schon ein­mal dem hei­mi­schen Yacht­club beigetreten.

Um sie zu moti­vie­ren, habe ich ihr ein klei­nes Büch­lein mit dem Segel-Basis­wis­sen geschenkt und behaup­tet, segeln wäre ja ganz ein­fach. Man müs­se nur immer wis­sen, woher der Wind kommt und das wäre es. Aber es dau­er­te nicht lan­ge und schon klin­gel­te das Handy.

Wo denn der Groß­baum sei, wird nach­ge­fragt, und war­um rechts und links, vorn und hin­ten beim Segeln ganz anders hei­ßen wür­de und es wäre wohl gar nicht so ein­fach zu ver­ste­hen, wo Lee und wo Luv ist. Und ob sie sich ein neu­es Kleid kau­fen müs­se, weil sie irgend­wo was von einem Segel­kleid gele­sen hat.

Und da fällt einem wie­der ein, dass Segeln eigent­lich ja ganz ein­fach ist, wenn man ein­mal all die lus­tig und fremd klin­gen­den Wör­ter ver­steht. Und wenn man begrif­fen hat, dass dicht holen nicht bedeu­tet, soviel Bier zu trin­ken, bis man dicht ist und aus­rau­schen auch nicht heißt, den Rausch danach aus­zu­schla­fen. Dass ein Segel­kleid kein Klei­dungs­stück, das Schwert kei­ne Waf­fe und die Kuchen­bu­de kei­ne Kon­di­to­rei ist.

Am Anfang berei­tet es natür­lich etwas Kopf­zer­bre­chen, dass vie­les an Bord anders heißt und soviel neue Begrif­fe zu ler­nen sind. Aber bald liebt man die­se eigen­ar­ti­ge Spra­che, die sich als Pro­fes­sio­lekt, also als Fach­spra­che einer bestimm­ten Berufs­grup­pe, in die­sem Fall der See­leu­te, ent­wi­ckelt hat. Und sie dient natür­lich, wie alle Fach­spra­chen, der Prä­zi­sie­rung und Dif­fe­ren­zie­rung tech­ni­scher Begrif­fe. Ent­wi­ckelt hat sich die­se Spra­che aus dem Platt­deutsch, dem Dia­lekt der Küs­ten­be­woh­ner. Da die Besat­zung der Schif­fe recht durch­mischt war, kamen bald Lehn­wör­ter aus dem Eng­li­schen, Nie­der­län­di­schen und Spa­ni­schen dazu. Unse­re Yacht hat zum Bei­spiel sei­nen Ursprung im nie­der­län­di­schen jacht­s­chip, das ein Jagd­schiff also ein schnel­les Schiff bezeichnete. 

Aber da See­leu­te heut­zu­ta­ge nur noch sehr sel­ten auf Klip­pern und Scho­nern, son­dern auf Con­tai­ner­schif­fen und Tan­kern unter­wegs sind, ist unse­re Seg­ler­spra­che wohl nun schon mehr als Sozio­lekt zu ver­ste­hen. Als sol­cher wird nicht die berufspe­zi­fi­sche Fach­spra­che son­dern die Spra­che einer sozi­al defi­nier­ten Grup­pe bezeich­net. Denn uns ver­bin­det ja die Freu­de und der Spaß am Segeln und nicht die gemein­sa­me Profession.

mar

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