So gerne wir auch segeln, irgendwann ist es mit dem ewigen Blau, dem Gewackel und Getöse, der Enge an Bord auch wieder genug. Dann wird der passende Hafen ausgewählt, wir machen uns landfein und begeben uns auf Landgang. So ein Landgang ist natürlich nur eine Pause, eine kurze Abwechslung und bald werden die Festmacher wieder gelöst. Wir wollten ja nur einmal nachschauen, ob das Leben an Land besser ist.
Genau das dachten sich unsere sehr weit entfernten Vorfahren möglicherweise auch, als sie vor etwa 3,2 Milliarden Jahren auf die Idee kamen, einen Landgang zu machen. Unser erster gemeinsamer Vorfahre lebte nämlich im Meer und hieß Luca (Last Universal Common Ancestor). Er war ein einfacher Einzeller, benötigte keinen Sauerstoff und kein Sonnenlicht, ernährte sich von Gasen und lebte in 100° heißen Hydrothermalquellen in der Tiefsee. Das war vor 3,8 Milliarden Jahren. Vielleicht wurde es unserem Ururururur…Opa Luca da unten in der Tiefsee einfach irgendwann zu langweilig. Auf jeden Fall interessierten sich seine Nachfahren nicht nur für das weite Meer, sondern auch fürs Land und begannen mit dem Landgang. So nennt man in der Biologie den Prozess, wenn sich Meereslebewesen allmählich an das Leben an Land anpassen. Das hat immer wieder bei den unterschiedlichsten Lebensformen an den unterschiedlichsten Ecken der Erde stattgefunden. Bei Wirbeltieren war das etwa vor 400 Millionen Jahren.
Inzwischen haben wir uns ja ganz gut an das Leben an Land gewöhnt, aber, wenn man ein langes Leben als erstrebenswertes Ziel ansieht, muss man bezweifeln, ob der urzeitliche Landgang überhaupt eine gute Idee war und ob man im Meer dem Ziel des ewigen Lebens nicht näher kommen könnte.
Hierzu reicht es, sich einfach einmal bei den Meeresbewohnern umzusehen, zum Beispiel beim Grönlandhai, auch Eishai genannt. Er lebt vorwiegend in den arktischen Gewässern des Atlantik, wird zwischen 5 und 8 Meter lang, kann bis zu 2000 Meter tief tauchen und hat einen torpedoförmigen graubraunen bis olivgrünen Körper. Zu seinen bemerkenswertesten Eigenschaften gehört jedoch sein gemächlicher Lebenswandel, der ihn bis zu 500 Jahre alt werden läßt. Sein Herz schlägt alle 10 Sekunden einmal und sein Blutdruck ist dementsprechend im Keller. Auch mit der Partnerwahl läßt er sich genug Zeit, denn er ist erst nach 150 Jahren geschlechtsreif. Und eine Grönlandhai-in ist dann gute zehn bis achtzehn Jahre schwanger.
Unter diesem Gesichtspunkt ist natürlich zu überdenken, ob der Landgang der Wirbeltiere eine gute Sachen war. Denn so ein Grönlandhai in der Pension, spielte in seiner Kindheit schon im Nördlichen Eismeer, als wir Menschen noch gar nicht wußten, wie es dort so ist.
Die erste Reise ins nördliche Meer wagte der Holländer Willem Barents erst 1594. Da kam unser Hai gerade erst einmal in die Pubertät.