Musik gehört für uns zur See wie das Pfeifen des Windes. Ganz besonders mögen wir natürlich Songs, die vom Meer, der Sonne oder dem Segeln erzählen und davon gibt es einige. Um unsere Musik immer parat zu haben und um sie mit Freunden zu teilen, haben wir sie schön in öffentlichen Playlists auf Spotify sortiert.
Doch unsere Playlists kann man nicht nur anhören, sondern man kann damit auch navigieren. Jede Playlist ist genau 60 Minuten lang und in Anwendung der Formel Wegzeit ist Distanz durch Geschwindigkeit kann man berechnen, mit wievielen Playlists man ans Ziel kommt. Wenn das Ziel also 10 Seemeilen entfernt ist und die Logge 4 kn Geschwindigkeit anzeigt, ist man in 2 1/2 Playlists am Ziel!
Leider müssen wir nun, was in der Seefahrt ja nicht unüblich ist, unsere Playlist Nummer 3 berichtigen. Dort war nämlich bisher als achter Song “Like a Hurricane” von Neil Young zu hören. Nun hat der sechsundsiebzigjährige Musiker allerdings angeordnet, dass seine Musik bei Spotify gestrichen wird, weil er nicht gemeinsam mit Podcasts, die Corona verharmlosen, auf einem Streamingdienst vertreten sein will. Das ist natürlich sehr schade, weil ich ein großer Fan von Neil Young bin und unsere Playlist nun um einen musikalischen Diamanten ärmer ist. Dazu kommt, dass Young noch dazu ein leidenschaftlicher Segler ist und die “W. N. Ragland”, einen 101 Fuß Gaffelschoner, lange sein Eigen nannte.
Aber am schlimmsten ist, dass nun unser Navigationsinstrument nicht mehr stimmt. Spotify behauptet zwar immer noch, dass unsere Playlist 1 Stunde lang ist, da aber Hurricane nicht mehr abgespielt wird, ist sie tatsächlich nur noch 51 Minuten und 39 Sekunden lang. Und solche Ungenauigkeiten können bei der Navigation sehr verhängnisvoll sein. Daher müssen wir nun die Playlist offiziell berichtigen.
Natürlich ist es das gute Recht von Neil Young, über sein kreatives Werk zu verfügen, aus welcher Motivation heraus auch immer. Und natürlich wird kein Skipper auf dieser Erde eine Playlist von Spotify ernsthaft zur Navigation heranziehen. Aber schon alleine die Tatsache, dass Spotify eine Playlist mit 60 Minuten Laufzeit angibt, obwohl diese nur 52 Minuten lang ist, zeigt wie kritisch Daten, Fakten und Informationen zu hinterfragen sind. Und die digitale Welt hat das mit ihrer ungefilterten Datenflut nicht gerade leichter gemacht.
Als Segler und Navigatoren sind wir aber zum Glück geschult, unsere Daten immer zu prüfen. Für uns ist es ein essenzieller Grundsatz, nur mit aktuellem und geprüftem Datenmaterial wie Seekarten und Hafenplänen unterwegs zu sein. Und wir haben die Pflicht, unsere Unterlagen auch immer aktuell zu halten, oder wie man nautisch sagt, sie zu berichtigen. Und wir wissen, dass Navigation nicht am Navitisch, sondern an Deck stattfindet, denn unsere Kurse, Karten und Positionen müssen laufend mit der Realität abgeglichen werden. Ein falsch eingestelltes Lot oder eine 10 Jahre alte Seekarte können uns in große Gefahr bringen. Falsche Daten haben schon zu sehr vielen Seeunglücken geführt.
Etwa die Schiffskatastrophe vor den Scilly Inseln am 22. Oktober 1707. 4 Schiffe einer 21 Schiffe umfassenden britischen Flotte unter Admiral Cloudesley Sh ovell liefen vor den Inseln auf Klippen auf und sanken, was Shovell und 1400 Seeleuten das Leben kostete. Ursache waren mangelnde Positionsbestimmung und fehlerhafte Karten und Navigationstabellen. Aber Shovell hätte seine Daten durchaus etwas kritischer hinterfragen können.
Die Geschichte sagt, dass ein einfacher Matrose wagte, darauf hinzuweisen, dass man wohl auf falschem Kurs sei. Shovell soll ihn dafür sofort wegen Anstiftung zur Meuterei bestraft haben.
mar