Mit der amtlichen Registrierung unserer Stella Polare und der Ausstellung des Seebriefes verpflichtet uns der Gesetzgeber nicht nur zur Führung der Flagge der Republik Österreich sondern auch dazu, vorgeschriebene Ausrüstungsgegenstände laut einer Liste an Bord zu haben. Die Liste umfaßt 29 Punkte worunter sich etwa ein Anker mit hoher Haltekraft, eine Rettungsinsel, ein Fernglas und die KVR in gedruckter Form befinden. Also allerhand vernünftige Dinge, die zur sicheren Führung einer Yacht vernünftig sind. Unter Punkt 17 ist ein Instrument angeführt, das uns etwas nebensächlich erscheint, aber auf jeder Yacht an prominenter Stelle zu finden ist: die Borduhr.
Will uns das Amt darauf aufmerksam machen, dass wir immer rechtzeitig einen Eintrag ins Logbuch machen, dass wir nicht zu spät zum Dinner kommen, dass wir die Durchsage des Wetters auf unserem Funkgerät nicht verpassen, wo wir ohnehin online schon 10 Wetterseiten durchgecheckt haben? Oder ist es der Republik einfach wichtig, dass wir ein dekoratives Accessoire im Salon hängen haben, das sich, abgestimmt auf das übrige Design, in Messing oder Edelstahl ja ganz gut macht?
Am 21. Oktober 1707 ließ Sir Cloudesley Shovell einen einfachen Matrosen an Bord aufhängen. Der englische Flottenadmiral war gerade mit seiner 21 Schiffe umfassenden Flotte auf dem Heimweg nach England. Der Matrose glaubte einen Navigationsfehler bemerkt zu haben und macht die Flottenführung darauf aufmerksam, was ihm sogleich als Meuterei ausgelegt wurde. Er hatte aber leider recht und am nächsten Tag folgte dem Fehler die größte Katastrophe in der englischen Schifffahrt. Die Flotte lief bei schwerem Wetter vor den Isles of Scilly auf Grund, vier Schiffe sanken und 2.000 Seeleute fanden den Tod.
Dieses Ereignis hatte auch große Bedeutung für die Weiterentwicklung der Navigation auf See. Auf Geheiß von Queen Anne verabschiedetet das Parlament den Longitude Act, der einen Preis für denjenigen vorsah, der das Problem der Längengradbestimmung auf See lösen konnte. Ein Wettrennen der renommiertesten Astronomen, Physiker und Mathematiker begann, das jedoch letztendlich ein einfacher Tischler und Uhrmacher aus Yorkshire gewinnen sollte. John Harrison ging davon aus, dass man anhand des Sonnenstandes 12 Uhr Mittag an Bord sehr genau bestimmen kann. Weiters, dass sich die Erde in einer Stunde genau um 15 Längengrade um die eigene Achse dreht. Wenn man nun weiß, wie spät es zur Mittagszeit an Bord ist und weiß, wie spät es gerade am Nullmeridian, also in Greenwich bei London ist, weiß man auch, auf welchem Längengrad man sich gerade befindet.
Die Herausforderung war also eine exakt gehende Uhr zu bauen, die auch den harten Bedingungen an Bord trotzen konnte. Harrison gelang es schließlich, eine Reihe von Uhren, H1 bis H5 genannt, zu konstruieren, die mit genialen Erfindungen, wie etwa der Grashüpferhemmung und der Verwendung von selbstölenden Tropenhölzern, ausgestattet waren. Obwohl schon die H1 den Anforderungen entsprach, zeigte letztendlich die H4 im Jahr 1753 auf der 81-tägigen Fahrt nach Jamaika nur eine Gangabweichung von 5 Sekunden.
Doch der Weg zur Anerkennung und zum Preisgeld war für John Harrison ein langer. Er stand intriganten und argwöhnischen Wissenschaftlern gegenüber, die alles dafür taten, dass seine Uhren nicht akzeptiert würden. Wie könne es auch ein Tischler wagen, sich mit dem Hofastronomen des Königshaues zu messen.
Schließlich wurde noch verlangt, dass Harrison die Pläne der Uhr herausrückte und ein Londoner Uhrmacher musste sie ohne sein Zutun nachbauen. Was natürlich auch gelang. Und es brauchte noch ein Machtwort von King George III, der von der Uhr begeistert war und der Kommission einen persönlichen Besuch androhte. James Cook nahm schließlich eine Kopie der H1 auf seine zweite Weltreise 1775 mit und bestätigte deren Funktionstüchtigkeit und Wert für die Navigation an Bord. Erst jetzt anerkannten auch die Astronomen, dass das Längengradproblem gelöst war. Die Uhr wurde zum wichtigen Instrument an Bord und gehörte von nun an zur Grundausstattung jedes Kapitäns.
Und auch wenn die Ermittlung der Zeit an Bord heute kein Thema mehr ist, Handy, Plotter, Multifunktionsarmbanduhr, Funkgerät tun ja ihren Dienst, wäre ein Schiff ohne schöne Borduhr im Salon nicht komplett. Sie erinnert uns daran, dass Navigation kein Computerspiel ist, sondern eine Handwerk mit langer Geschichte, das Präzision, Wissen und Übung erfordert und das all unsere Sinne braucht.
Wir haben übrigens das Modell Pirat, aus Messing, mit römischen Ziffern an Bord.
mar