Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen, ist derzeit zu hören. Zu den einschneidendsten Maßnahmen gehört der Aufbau von Grenzen zur Eindämmung des Coronavirus. Ob national oder lokal, das Ende der Grenzenlosigkeit ist für uns ein neues, ambivalentes Gefühl.
Wobei wir SeefahrerInnen zu Grenzen ohnehin einen anderen Bezug haben. Nach der maritimen Weisheit, “Wenn du den Finger in das Meer steckst, bist du mit der ganzen Welt verbunden!”, betrachten wir unseren schwimmenden Untersatz ohnehin als Vehikel der grenzenlosen Freiheit.
Andererseits sind wir aber den respektvollen Umgang mit Grenzen gewohnt und dabei sind uns zwei Hilfsmittel in Form eines Stück Stoffes sehr dienlich: die National- und die Gastlandflagge.
Erstere wird in angemessener Größe am Heck geführt und ist nicht vorrangig Ausdruck von Nationalstolz, sondern zeigt, wo wir juristisch hingehören und dass wir uns mit den Farben der Heimat dazu verpflichten, die Gesetze und Gepflogenheiten auf See zu achten. Die Bordwand wird so zur Grenze der eigenen Nationalität.
Nähern wir uns dem Hoheitsgebiet eines eines anderen Staates, wird die Gastlandflagge aus dem Flaggensatz geholt und unter der Steuerbord-Saling gesetzt. Damit zeigt man Respekt und signalisiert, die Regeln und Gesetze des Gastlandes zu achten, sobald man mit dem eigenen Kiel die unsichtbare Grenze passiert hat. Schließlich wollen wir hier ja auch im Hafen unsere Festmacher überwerfen und es uns als Gast gemütlich machen.
Doch der Respekt vor Grenzen endet hier im Hafen keineswegs. Denn jedes Schiff wird weiterhin von der Nationalflagge streng bewacht und bevor wir es nur wagen, den Fuß auf die Gangway eines fremden Schiffes zu setzen, tragen wir beim Schiffsführer eine ordnungsgemäße Anfrage vor. “Ich bitte um Erlaubnis, das Schiff betreten zu dürfen!”