Mas­ter and Com­man­der, 2003

Detailverliebt, episch, anspruchsvoll und intelligent, wenn man nur einen Film auf die einsame Insel mitnehmen kann, dann Master and Commander!

Wir leh­nen uns hier sicher nicht zu weit über die Ree­ling, wenn wir behaup­ten, dass Mas­ter and Com­man­der nicht nur der bes­te Film ist, der auf einem Schiff spielt, son­dern ein cine­as­ti­sches Meis­ter­werk ist. “Glaub­wür­di­ger war ein Hoch­see-Dra­ma noch nie.”.

Die Glaub­wür­dig­keit liegt aller­dings nicht in der Geschich­te selbst, denn die hat his­to­risch so nie statt­ge­fun­den, son­dern in der Roman­vor­la­ge. Der bri­ti­sche Autor Patrick O’Brian war mit sei­nen mari­ne­his­to­ri­schen Roma­nen sehr erfolg­reich, wobei er vor allem für sei­ne kennt­nis­rei­che und authen­ti­sche Dar­stel­lung geschätzt wird. In sei­ner Aubrey-Matu­rin-Serie geht es um den Mari­ne­of­fi­zier Jack Aubrey und den Schiffs­arzt Ste­phen Matu­rin zur Zeit der napo­leo­ni­schen Krie­ge. Der aus­tra­li­sche Regis­seur Peter Weir wag­te sich schließ­lich 2003 an den Stoff und wur­de dem 2000 ver­stor­be­nen Autor mehr als gerecht. Weir schafft es tat­säch­lich uns unge­wöhn­lich nahe und unmit­tel­bar an das Leben auf der Fre­gat­te HMS (His Majesty’s Ship) Sur­pri­se her­an­zu­brin­gen. „Nichts von alle­dem ist ‚real‘, und den­noch glaubt man jedes Bild.”, so for­mu­liert es die FAZ.

Und wir befin­den uns an einem Wen­de­punkt der Geschich­te. Napo­le­on will eine neue euro­päi­sche und welt­po­li­ti­sche Ord­nung unter fran­zö­si­scher Herr­schaft her­stel­len, der Adel ver­liert an Macht und das Bür­ger­tum erstarkt. Die Zeit ist von der begin­nen­den Indus­tria­li­sie­rung, von Erfin­dun­gen, Wis­sen­schaft und For­schung geprägt. Huma­nis­mus und Demo­kra­tie wer­den lang­sam zu den neu­en Wer­ten, für die es sich zu kämp­fen lohnt.

Die HMS Sur­pri­se ist unter bri­ti­scher Flag­ge unter­wegs um sich mit dem fran­zö­si­schen Kaper­schiff Ache­ron eine Jagd rund um das Kap Horn zu lie­fern, wobei es zu zwei Gefech­ten kommt. Kapi­tän Aubrey, her­aus­ra­gend dar­ge­stellt von Rus­sen Cro­we, ist ein ver­we­ge­ner Offi­zier, der die Wer­te und Ehre der Mari­ne hoch­hält und sei­ne Mann­schaft ent­schlos­sen führt. Sein gegen­über ist der Schiffs­arzt Matu­rin, des­sen Auf­ga­be es nicht nur ist, die ver­wun­de­ten Matro­sen wie­der zusam­men­zu­fli­cken, son­der der auch For­scher, Bio­lo­ge und Huma­nist ist, ein Bote der neu­en Zeit. Und es war eine Zeit, zu der mit jeder Expe­di­ti­on zahl­lo­ses neu­es Wis­sen an die euro­päi­schen Uni­ver­si­tä­ten gelangte.Weir ver­mag uns auch sehr prä­zi­se das hier­ar­chi­sche Gefü­ge an Bord zwi­schen Matro­sen, Mittschiffs­mann, Steu­er­mann, See­mann und Leut­nant dar­zu­stel­len. Ein sehr har­tes Leben zwi­schen Flau­te und Sturm, Hit­ze und Eises­käl­te, Leben und Tod. 

Und Weir gelingt es in einem Genie­streich, die­ses Leben in Bil­der zu fas­sen. Er setzt hier nicht auf digi­ta­len Hyper­rea­lis­mus. Für die Sur­pri­se wird ein ori­gi­nal­ge­treu­er Nach­bau einer bri­ti­schen Fre­gat­te von Twen­tieth (20th) Cen­tu­ry Fox gekauft und eine zwei­te Ver­si­on 1:1 nach­ge­baut. Die Kampf­sze­nen wur­den von allen Schau­spie­lern selbst dar­ge­stellt. Sie erhiel­ten ein Trai­ning im Drill der bri­ti­schen Mari­ne und den Umgang mit Enter­mes­ser, Säbel und Degen. Rus­sel Crow muss­te dabei am meis­ten üben, um als Kapi­tän gute Figur zu machen. Aber er muss­te gemein­sam mit Paul Bet­t­a­ny auch die Grif­fe von Vio­lin- und Chel­lo­stü­cken ein­stu­die­ren. Die bei­den spie­len näm­lich zum Leid­we­sen der Besat­zung ganz ger­ne das eine oder ande­re Stück von Mozart, Bach, Boccherini,Corelli oder Vaug­han Wil­liams. Beson­ders gelun­gen ist der Effekt, dass die Musik tat­säch­lich  von Kapi­tän und Schiffs­arzt gespielt wird und  tat­säch­lich zur Sze­ne gehört, um dann zur Film­mu­sik zu werden.

Es sind über­haupt die Details, die den Film so leben­dig erschei­nen las­sen. Peter Weir Frau Wen­dy wur­de für die Kos­tü­me mit einer Oscar­nom­mi­nie­rung aus­ge­zeich­net. Die Über­le­gen­heit der fran­zö­si­schen Ache­ron, ent­spricht eben­so einer his­to­ri­schen Tat­sa­che wie die List mit der Tar­nung der Sur­pri­se als Wal­fän­ger. Und die bio­lo­gi­schen Erfor­schun­gen auf den Gala­pa­gos Inseln fin­den ihre Ent­spre­chung im Wir­ken Charles Darwins.

Auch das ulti­ma­ti­ve Gefecht zwi­schen den bei­den Schif­fen ist echt. Kapi­tän Aubrey wagt hier ein äußerst ris­kan­tes Manö­ver, indem er ris­kiert, den Groß­mast mit einer Sal­ve zu Fall zu brin­gen. Es gelingt und die Ache­ron wird manö­vrier­un­fä­hig. Dadurch kann sich die Sur­pri­se quer hin­ter die Ache­ron stel­len und mit einer Sal­ve längs durch das gan­ze Schiff schie­ßen und so ein Maxi­mum der feind­li­chen Geschüt­ze und Mann­schaft gefechts­un­fä­hig zu machen. Eine Stra­te­gie die man in der Kriegs­füh­rung “raking fire” nennt.

Detail­ver­liebt, episch, anspruchs­voll und intel­li­gent, wenn man nur einen Film auf die ein­sa­me Insel mit­neh­men kann, dann Mas­ter and Commander!