Port
Es sei hier gleich vorweggenommen, Portwein ist ein göttliches Getränk, mit vielen Facetten, einer langen Tradition und vielen Geheimnissen. Zu ergründen, was Portwein ist, ist in etwa so schwierig wie herauszufinden, welche Ankerkettenlänge, bei 5 Beaufort ablandigem Wind mit einem CQR-Anker auf sandigem Grund die optimale ist. Hier wie da gibt es nur eine Lösung: man muss es einfach ausprobieren. Es spricht jedoch nichts dagegen, sich nach einem gelungenen Ankermanöver der Verkostung von Portwein zu widmen. Denn eines steht fest, Portwein ist, wie Sherry und Madeira, sehr seefest.
Aber beginnen wir in der Stadt Porto, die dem Wein den Namen gegeben hat. Die geschichtsträchtige Hafenstadt liegt an der Mündung des Douro in den Atlantik. Wir befinden uns hier im äußersten Westen Europas und das Meer kann hier mit erheblichem Tidenhub, schweren Stürmen und mächtigem Seegang schon sehr fordernd sein. Und obwohl Porto dem Wein den Namen gegeben hat, wird er eigentlich in Villa Nova de Gaia gehandelt. Am gegenüberliegenden Douro-Ufer stehen die großen alten Lagerhallen der Portweinhändler. Hier wird der Wein in großen Fässern gereift, gelagert, abgefüllt und in verschifft. Ein Besuch in diesen Hallen ist eine Offenbarung, denn hier wird der Wein nicht nur gelagert sondern in traditionellen sehr ausklügelten Systemen gereift. Wer jemals diese unendlichen Reihen von Jahrzehnte alten Fässern gesehen hat, bekommt eine Ahnung, welch komplexes Produkt Portwein ist. Und hier wird auch der Charakter für zwei ganz verschiedene Portweintypen bestimmt. Rubys, also rote, frische, fruchtigere Portweine werden ohne Kontakt mit Luft gereift. Tawnys werden mit Luftkontakt im Fass gereift und bekommen dadurch eine ganz eigene oxidative Note und bernsteinartige Farbe. Und in den beiden Typen gibt es noch unzählige Variationen, was Rebsorten, Jahrgänge und Cuvéetierungen betrifft. Aber um hier schlau zu werden, hilft ohnehin nur das Verkosten am Objekt.
Wenn man nun in Villa Nova de Gaia in einer der ehrwürdigen Hallen, gefüllt mit Fässern, deren Inhalt teilweise über 60 Jahre alt ist, steht, fällt eines sofort auf. Viele der großen Porthandelshäuser klingen so gar nicht portugiesisch: Grahams, Niepoort, Symignton, Sandeman oder Taylors. Um das zu ergründen, muss man den Blick auf eine große Seefahrernation aber unbrauchbares Weinland richten. Die Briten waren dem Genuss von gutem Wei nie abgeneigt, aber nachdem auf ihrer Insel kein Wein wächst, mussten sie den eben immer per Schiff herbeibringen. Ein wichtiger Handelspartner war Bordeaux, gesegnet mit gutem Klima, guten Weinen und guten Produzenten. Bordeaux stand sogar eine Zeit lang unter britischer Herrschaft. Aufgrund von Zwistigkeiten wurde der Handel mit Frankreich jedoch verboten und die Briten machten sich auf die Suche nach neuen Weinlieferanten in Spanien und Portugal.
Was die englischen Kaufleute in einem portugiesischen Kloster fanden war ein Volltreffer. Die Mönche stellten dort den “Priest-Port” her, ein Wein der sich als extrem robust und transportfähig herausstellte. Eine Qualität, die der Wein, wie alle Portweine, durch ein besonderes Verfahren, das sogenannte Aufspriten, erhielten. Das Geheimnis dahinter ist, dass während der Gärung, also bevor der gesamte Zucker in Alkohol umgewandelt wir, hochprozentiger Alkohol in Form von Brandy zum Wein kommt. Dadurch stoppt die Gärung sofort und das Ergebnis ist ein Wein mit einer angenehmen Restsüße und einem Alkoholgehalt von etwa 20%. Die kräftigen, tanninhaltigen, sonnengereiften Trauben des Douro-Tales eignen sich natürlich vorzüglich für dieses Verfahren und der so hergestellte Portwein hielt dem Transport über die sehr stürmische Biskaya nach England sehr gut stand. Der komplexe Charakter des Rotweins mit seiner süßen Note und dem wärmenden Alkohol kam beim britischen Adel äußerst gut an und wurde zum Importschlager.
Der Portwein war so erfolgreich, dass zwischen Portugal und England 1703 der Methuenvertrag geschlossen wurde. England wurde im Textilhandel mit Portugal privilegiert und Portugal im Portweinhandel mit England. Port hat also schon einige Jahrhundert Zeit, seine vielfältigen Eigenheiten zu entwickeln. Angebaut wird der Wein an den Ufern des Douro, etwa 100 km flussaufwärts von Porto. Wer die Gelegenheit hat, das portugiesische Douro-Tal zu besuchen, sollte das unbedingt tun. In einer archaischen, abgeschiedenen Landschaft fallen die terassenförmigen, in den Schiefer gehauenen Weinberge zum Douro hin ab. Auf über 40.000 ha Rebfläche werden hier von unzähligen kleinen Weinbauern die Trauben angebaut. Und für die Portweinproduktion kommen über 30 verschiedene Rebsorten in Frage. Touriga Nacional, Tinta Barroca, Tinta Roriz oder Tinto Cão sind die Highlights, aber es werden auch weiße Rebsorten wie Malvasia Fina oder Moscatel verarbeitet.
Das Weinbaugebiet hat neben der außergewöhnlichen Rebsortenvielfalt noch eine weitere Besonderheit. Es ist das erste geschützte und kontrollierte Weinbaugebiet der Welt. Um die Qualität des Portweins zu garantieren, schuf Premierminister Marquês de Pombal 1756 die erste geschützte Herkunftsangabe.
Eine weitere Besonderheit ist die Pressung der Trauben. Diese wurden traditionell in großen Granitbecken, Lagares genannt, stundenlang mit den Füßen gepresst. Das stundenlange rhythmische Stampfen führte zu einer besonders schonenden Pressung, wird aber heute nur noch sehr selten praktiziert. Die fertigen Grundweine wurden dann per Schiff den Douro flußabwärts zu den riesigen Lagerhallen nach Villa Nova de Gaia transportiert und dort sehr ausgeklügelt in der Flasche oder im Faß gereift.
Wie schon gesagt, muß man sich einfach selbst an die vielen Ausprägungen von Portwein herantasten und das geht natürlich am Besten vor Ort. Ein guten Tipp können wir allerdings hier mit gutem Gewissen geben. Portwein ist vor allem als Rotwein bekannt. Es gibt allerdings auch die weiße, weniger komplexe und günstige Variante. Und als Sundowner an Bord gibt es nichts Besseres als ein Mix von eisgekühltem weißem Portwein und Tonic.