ist der beste tag um über das meer nachzudenken

Unbe­quem segeln

Segeln ist die teuerste Art unbequem zu reisen – sagt ein Sprichwort. Aber stimmt das im Reisechaos-Sommer 2022 überhaupt. Wir haben uns live auf Faktencheck begeben.

Segeln macht glück­lich. Das kön­nen wir nicht nur aus eige­ner Erfah­rung behaup­ten, son­dern, wo auch immer wir sind, sehen das unse­re Steg­nach­barn in der Regel auch so. Ob sich das Leben auf einem Schiff aber immer mit der all­ge­mei­nen Vor­stel­lung von einem beque­men Urlaub deckt ist aller­dings nicht 100%ig  gewiss. 

Zumin­dest gibt es über die Qua­li­tät des Segelns als Urlaubs­ver­gnü­gen ein weit ver­brei­te­tes geflü­gel­tes Wort, das wir dir hier nicht vor­ent­hal­ten wol­len: Segeln ist die teu­ers­te Art unbe­quem zu rei­sen. Über Geld und Bequem­lich­keit läßt sich ja sicher aus­gie­big dis­ku­tie­ren, aber laß uns ein­fach ein­mal die Fak­ten checken.

In die­sem Som­mer gibt es ja nicht gera­de vie­le posi­ti­ve Berich­te über das Rei­sen. Die Flug­ti­ckets sind nicht nur emp­find­lich teu­rer gewor­den, sie sind auch eine Art Lot­te­rie­schein. Ob und wann man flie­gen wird, ist höchst zufäl­lig. Dafür ist die Wahr­schein­lich­keit, dass der Kof­fer nie am Urlaubs­ort ankommt, gera­de sehr hoch. Zug­fah­ren ist in die­sem Som­mer über­ra­schend güns­tig gewor­den, wohl aber auch des­halb, weil der Steh­platz im Zug gera­de stark en Vogue ist. Und mit dem Auto zu ver­rei­sen ist im Som­mer wie immer nicht nur eine Fol­ter son­dern man ist das Urlaubs­geld gleich für Flüs­si­ges an der Zapf­säu­le los und nicht erst an der Strand­bar. Klingt ja alles sehr bequem.

Wir sind heu­er nach Vene­dig gereist. Mit dem Schiff. Knap­pe 200 See­mei­len haben wir zurück­ge­legt – in drei Wochen! Nun, wie sagt man so schön, der Weg ist das Ziel. Viel­leicht im Som­mer 2022 nicht in der Luft, auf dem Geleis oder der Auto­bahn, aber ganz sicher auf dem Meer. Gemüt­lich haben wir uns von Mari­na zu Mari­na unse­rem Ziel ange­nä­hert. Und Vene­dig auf eige­nem Kiel zu errei­chen war ein wun­der­schö­nes, gera­de­zu erhe­ben­des Erleb­nis. Wir beka­men einen Lie­ge­platz in einer ruhi­gen, wun­der­schö­nen, natur­be­las­sen Mari­na, per­fekt gepfleg­ten mit Sani­tär­an­la­gen wie im 5 Ster­ne Hotel. Die Mari­ne­ros waren sehr hilfs­be­reit und unse­re Steg­nach­barn aus­ge­spro­chen freund­lich und völ­lig entspannt. 

Auch wir waren es, hat­ten wir doch alles mit an Bord, was man für einen gelun­ge­nen Urlaub braucht. Eine fei­ne Koje, ein gemüt­li­ches Cock­pit mit Schat­ten spen­den­dem Bimi­ni, einen direk­ten Meer­zu­gang, küh­le Geträn­ke und köst­li­che Ver­pfle­gung für zwei Wochen. Ein klei­ner Aus­zug aus dem Menü­plan: Sal­tim­boc­ca, Spa­ghet­ti con Sal­sic­cia und Steak­toast. Nur Schiffs­koch hat­ten wir kei­nen mit, aber der Skip­per kocht ja sehr ger­ne im Urlaub. Natür­lich haben wir auch Vene­dig erkun­det und das war Dank unse­rer herr­li­chen Unter­kunft so ent­spannt wie noch nie. Wir haben die Bien­na­le besucht und den Salo­ne Nau­ti­co und in einer klei­nen Trat­to­ria köst­lich gespeist. Mit den gestress­ten Tou­ris­ten, die ihre schwe­ren Kof­fer durch über­füll­te Gas­sen schlepp­ten und sich wie Sar­di­nen auf den Vapo­ret­ti schlich­te­ten, hat­ten wir fast etwas Mit­leid. Auf eige­nem Kiel nach Vene­dig zu rei­sen ist also wirk­lich sehr bequem, fast schon könig­lich. Wir fühl­ten uns, als hät­ten wir unse­re eige­ne klei­ne Woh­nung in der präch­ti­gen Lagunenstadt.

Nur die Kos­ten waren nicht könig­lich. Dank gut gefüll­ter Kühl­box waren wir nicht von über­teu­er­ten Tou­ris­ten­fal­len abhän­gig. Und wir kamen in den Genuss eines spe­zi­el­len Ange­bots, weil gera­de der Salo­ne Nau­ti­co im Arse­nal statt­fand. Von vier Über­nach­tun­gen am Lie­ge­platz beka­men wir drei gra­tis. Vier Näch­te Vene­dig um 50 Euro haben wir nicht gera­de als teu­er emp­fun­den. Aber irgend­wo muss es doch einen Haken geben?

Nun, von der Haupt­in­sel zur Mari­na gelangt man nur mit dem Vapo­ret­to, wobei das letz­te um 21 Uhr ablegt. Natür­lich gibt es in Vene­dig auch Taxi­boo­te, die aber  für ihre sehr phan­ta­sie­vol­le Preis­ge­stal­tung berüch­tigt sind. Gon­del ist auch kei­ne wirk­li­che Alter­na­ti­ve und ein Din­gy hat­ten wir nicht dabei. Den Abend woll­ten wir aber nicht in der Mari­na blei­ben. Wir haben also einen wun­der­schö­nen Abend an einem roman­ti­schen Plätz­chen etwas abseits vom Mar­kus­platz ver­bracht. Als wir zu spä­ter Stun­de Sehn­sucht nach unse­rer Koje beka­men, hol­te uns ein Taxi­boot von der Mari­na ab und brach­te uns direkt zu unse­rem Lie­ge­platz. Ein kos­ten­lo­ser Ser­vice der Marina.

Der Fak­ten­check hat also ein­deu­tig bewie­sen, dass man nicht jedem Kalen­der­spruch Glau­ben schen­ken muss. Und nun sit­ze ich nach dem gran­dio­sen Nord­adria­törn wie­der im Büro, wo ich zum Trost einen Zet­tel an die Wand gehängt habe, auf dem fol­gen­der wei­se Spruch zu lesen ist:  A rough day at sea is bet­ter than any day in the office! .

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